„Das ist ein geiles Gefühl“

 

Moment mal, bitte! Der Gerabronner Johannes Haberlandt arbeitet als Physiotherapeut beim Fußball-Bundesligisten SV Werder Bremen.
Von Ralf Mangold
In der Region ist Johannes Haberlandt kein Unbekannter, auch wenn er eher als Arbeiter im Mittelfeld meist nicht so im Vordergrund stand. Er spielte bei allen großen Klubs wie dem FSV Hollenbach, Sportfreunde Schwäbisch Hall und dem TSV Ilshofen in der Landes-, Verbands- und Oberliga. Inzwischen ist er beim Profifußball gelandet – allerdings nicht als Spieler, sondern als Physiotherapeut.
Herr Haberlandt, wollten Sie immer schon Physio bei einem Fußballverein werden?
Johannes Haberlandt: Den ersten Kontakt zu einem Physio hatte ich als Nachwuchskicker beim FSV Hollenbach. Später habe ich über ein Praktikum dann Einblicke in den Beruf bekommen und es hat mir sofort zugesagt. 2016 habe ich meine Ausbildung abgeschlossen. Eigentlich hatte ich nie darüber nachgedacht, etwas im Sport zu machen. Aber dann wurde es mir im Rahmen meiner Anstellung ermöglicht, beim TSV Ilshofen, für den ich bis dahin noch gekickt hatte, in der Oberliga erste Erfahrungen zu sammeln. Und da habe ich gemerkt, das ist genau das Richtige und habe verschiedene Profiklubs einfach angeschrieben.
Ihre erste Station war dann der Karlsruher SC …
Dort habe ich im Jugendbereich eine Anstellung auf Honorarbasis bekommen. Das beschränkte sich aber anfangs auf die Spielbetreuung, deshalb habe ich hauptberuflich in einer Praxis angefangen, die eine Kooperation mit dem KSC hatte. Da war ich dann abends immer beim Mannschaftstraining dabei. Dort hatte ich übrigens auch Kontakt zu meinem ehemaligen Trainer in Ilshofen, Ralf Kettemann, der ja Coach bei der U19 des KSC ist. Nach zwei Jahren bin ich hauptberuflich in den Profibereich aufgerückt.
Dann kam der nächste Schritt mit dem Wechsel nach Werder Bremen. Wie groß ist der Unterschied zwischen erster und zweiter Liga?
Das war für mich im Sommer vergangenen Jahres einfach der logische nächste Schritt. Ich habe im Vorfeld schon viel getan, mich mit Fortbildungen weitergebildet und Kontakte geknüpft. Werder Bremen hat mir sehr gut gefallen. Es ist alles zwar sehr professionell, aber doch noch irgendwie familiär. Gewisse Abläufe sind überall gleich, dennoch ist der Unterschied zur zweiten Liga groß. Das sind ganz andere Dimensionen, mehr Personal und größere finanzielle Mittel, aber auch ein höherer Leistungsdruck.
Was sind dort konkret Ihre Aufgaben?
Ich bin jeden Tag beim Training der Profis mit Vor- und Nachbereitung. Wir haben da insgesamt 4,5 Stellen und können so auch an trainingsfreien Tagen zur Nachbehandlung vor Ort sein. Bei den Spielen wechseln wir uns ab, zwei Physios sind da immer dabei. Einer geht bei Verletzungen mit dem Arzt auf den Platz, der andere kümmert sich um den Rest, wie beispielsweise Tapen oder Nachbehandlung der Spieler bei Verletzungen.
Gibt es einen Spieler bei Werder, den Sie besonders hoch einschätzen?
Mir gefällt die Spielweise von Mitchell Weiser. Besonders beeindruckt hat mich zudem unser Torwart Michael Zetterer, der in den letzten Monaten eine riesige Entwicklung genommen hat.
Stimmt es, dass die Physios oft ein sehr enges Verhältnis zu den Spielern haben und manchmal sogar eine Art Kummerkasten für die Profis sind?
Da ist schon was dran. Man sieht sich ja jeden Tag und während der Behandlung wird auch mal über Probleme oder andere Themen gesprochen. Wir sind zudem ab und zu mit den Spielern abends mal essen gegangen. Ein gutes Teamgefühl ist sehr wichtig, um gute Leistungen zu bringen. Und da gehören wir als Staff natürlich auch dazu.
Was für ein Gefühl ist es, vor rund 40 000 Zuschauern im Weserstadion mit auf der Bank zu sitzen?
Das ist ein geiles Gefühl! (lacht), für mich ist damit ein Kindheitstraum wahr geworden. Ich bin selber sehr emotional beim Spiel, aber konzentriere mich dennoch immer auf meine Aufgabe. Dabei beobachte ich die Spieler ganz genau, vor allem nach Verletzungsbehandlungen oder Spieler, die vorher lange ausgefallen waren.
Was war bisher der emotionalste Moment im Profibereich?
Das war beim KSC. Wir brauchten vor dem Spiel in Fürth für den vorzeitigen Klassenerhalt noch einen Sieg, unser direkter Konkurrent musste gleichzeitig verlieren. Nach unserem Sieg haben wir die Schlussphase des Parallelspiels, bei dem noch die Nachspielzeit lief, zusammen auf dem Handy auf dem Platz verfolgt. Und als das passende Ergebnis feststand, war der Jubel riesig und es wurde richtig gefeiert.
Was sind Ihre Ziele im Profifußball?
Jetzt will ich mich erst einmal beim SVW etablieren. Reizen würde mich vielleicht irgendwann mal ein Job in der Premiere League, bei einer Mannschaft, die international spielt. Aber das ist Zukunftsmusik. Mir gefällt es sehr gut im Verein und ich fühle mich wohl in Bremen. Es gibt hier viel liebevollen Menschen, die Stadt hat Charme. Vielleicht kommt es aber auch ganz anders. Es könnte auch irgendwann der Fall sein, dass ich nach Hohenlohe zurückkehre und dort eine eigene Praxis aufmache. Ich absolviere gerade eine Ausbildung in Osteologie und Heilpraktiker.
Fehlt Ihnen die Wertschätzung, wenn beispielsweise ein längerfristig verletzter Profi sich von dem Physio seines Vertrauens außerhalb des Vereins behandeln lässt?
Keinesfalls, da bin ich total entspannt. Wenn es eine andere Meinung gibt, dann schaue ich mir das gerne auch mal an. Von anderen, die schon lange mit dem Spieler gearbeitet haben, kann man sicherlich auch profitieren. Ich habe damals eine tolle Ausbildung bei Thomas Ehrmann vom Zentrum Mensch bekommen. Eine absolute Koryphäe auf dem Gebiet. Bei ihm habe ich sehr viel gelernt.
Spielen Sie eigentlich selber noch Fußball?
Dafür habe ich leider keine Zeit mehr, auch weil es viele kurzfristige Termine in meinem Beruf gibt. Ab und zu juckt es schon noch. In meiner Zeit beim KSC konnte ich noch hin und wieder an meinen freien Wochenenden bei meinem Heimatverein TSV Gerabronn aushelfen, aber durch die räumliche Distanz ist das ja nicht mehr möglich. Ich halte mich jetzt mit Joggen und im Fitnessstudio fit. Nach Hause komme ich nur noch selten, die lange Fahrt ist doch recht stressig.
Was war Ihr schönstes Erlebnis als Fußballer?
Das war der Aufstieg mit dem TSV Ilshofen in die Verbandsliga. Wir waren ein tolles Team und haben uns auch außerhalb des Platzes sehr gut miteinander verstanden. Das hatte großen Anteil daran, dass es letztlich geklappt hat.
Verfolgen Sie noch die Spiele Ihrer Ex-Vereine in der Region?
Nicht mehr so regelmäßig, außer die der Sportfreunde Schwäbisch Hall, bei denen jetzt einige meiner ehemaligen Mitspieler kicken, zu denen ich immer noch guten Kontakt habe. Und natürlich, wie es beim TSV Gerabronn läuft. Vielleicht packen die ja noch den Aufstieg.