Porträt, „Senatoren-Stammtisch in der Lounge“

Porträt, „Senatoren-Stammtisch in der Lounge“

Porträt, „Senatoren-Stammtisch in der Lounge“
Heute: Zdravko Mustapic
Soweit das Knie trägt – oder: Geschenktes Vertrauen zurückgezahlt
Sein ganzes Fußballerleben, ob als Stürmer oder Trainer, hat er im Hohenlohe-Kreis und Raum Schwäbisch Hall zugebracht, der einst zugewanderte Zdravko Mustapic, („Hallo, sag ruhig Musta zu mir – so nennen mich alle!“). Ein bisschen verwundert war „Musta“ daher schon, als wir uns meldeten. Wie bereits bekannt ist, wollen wir die ehemaligen Spieler und Senioren bei den Sportfreunden vorstellen, die auch heute noch die Spiele der Sportfreunde Schwäbisch Hall immer vor Ort im Optima Sportpark, in der Arena, mitverfolgen und dabei mit fiebern. Anzutreffen ist der „Senatorentisch“ oft auch in der Lounge, wo gefachsimpelt wird, und sich der eine oder andere Spieler der Aktiven, auch mal zu den „Alten Herren“ gesellt, und Fragen beantwortet.
Wir blicken zurück auf erfolgreiche Zeiten der Sportfreunde, in den 1970er Jahren, als die Recken auch in der dritthöchsten Liga, der damaligen 1. Amateurliga kickten?
So bekamen wir auch Tipps und Hinweise anderer Senatoren, uns unbedingt beim ehemalige Stürmer, Zdravko, „Musta“pic, umzuhören. Fit und strahlend sitzt Musta nun da, man mag sagen, „rank und schlank“. Mustapic, der im Februar, „dem Zwölften“, seinen 75. Geburtstag begeht, lächelt und meint: „Nun ja, das eine oder andere Zipperlein ist schon da – aber es gilt, nie zu verzagen, immer nach vorne schauen…“ Zuletzt, das nur nebenbei, habe er eine kleine „auffällige Hautstelle an der Unterlippe gehabt“, die wollte auch nach Wochen nicht abheilen. Eine Tochter sowie der ehemalige Sportskamerad und Freund, Dr. Keller, rieten Musta dazu, es unbedingt untersuchen zu lassen. Der ehemalige Sportsfreund Zdravko folgte dem Rat – „und das war gut so“, der Befund ließ auf einen Tumor schließen, „sicher ist sicher“, in Heidelberg wurde Ex-Stürmer Musta operiert. Alles ging gut.
In seiner ehemaligen Heimat „Jugoslawien“, so der hohenlohische Kroate, wurde er beim Militär ausgemustert. Der Grund? „Wohl ein angeborener Herzfehler, irgendwas haben die Top-Ärzte beim Militär sofort bemerkt, und stellten mich frei…“, gar nicht so leicht zu ertragen, meint Mustapic beim Treffen im Café, denn natürlich wollte Musta als „Patriot“ mit den anderen seinen Wehrdienst leisten. Er fühlte sich schließlich jung und fit. Sport und Fußball trieb er immer. Die Geschichte nimmt oftmals einen anderen Verlauf. Als der Staat Jugoslawien bereits am zerbrechen war und in den Kriegswirren unterzugehen schien, machte sich die Familie Mustapic auf den Weg. Von der landwirtschaftlichen Gegend in „Slawonien, bei Osijek“, ging es in den Hohenlohe Kreis. Das erste Zuhause war dann Schrozberg, wo Musta auch gleich im Dorfclub beim TSV Fuß fasste. Dort, beim TSV Schrozberg, erkannte man gleich das Können des jungen Fußballer.
Mustapic erinnert sich noch gern an diese Zeit zurück, schon dort traf er oft ins Schwarze, und feierte mit Schrozberg den Aufstieg in die 2. Amateurliga. Ein unglaublicher Erfolg, für das damals „noch recht kleine Dorf.“ Zu dieser Zeit spielte Schrozberg mit Musta etwa drei Mal gegen die Haller Sportfreunde. Und Musta meint: „Ich muss damals gut gewesen sein, denn die Sportfreunde klopften an…“, aber der 1. Vorstand damals mischte sich ein, „damit ich bleibe!“
Es war anno 1969, Mustapic fühlte sich ja auch wohl, und einen Job in der Textilfabrik gab es damals auch obendrauf.
Letztendlich aber, war Goalgetter Musta in Schrozberg nimmer zu halten. Die Sportfreunde ließen nicht locker, und nach Abwägen im Familienrat, „Ich war ja noch jung, gerade mal 22, 23… und war schon auf mich allein gestellt!“, blickt der Haller Topstürmer zurück. Die Sportfreunde punkten auch mit der beruflichen „Absicherung“. Mustapic bekam einen Aushilfsjob bei der Bausparkasse, zunächst in der Druckerei, die letzten drei Jahrzehnte jedoch als „Bürohilfe“ und Kundenbetreuer. Mustapic fühlte sich sofort wohl, denn die Sportfreunde, „haben mich sehr gut aufgenommen, sie haben mir den Einstieg echt leicht gemacht…“.
Als Strafraumstürmer schlug Mustapic sofort ein. Das sei bei ihm wie „angeboren“, dieser Instinkt, Tore und Torchancen förmlich „zu riechen“. In Jugoslawien noch, spielte man mit gemischten Teams, das habe er sich schon früh als Jüngster auch gegen ältere Kicker durchsetzen müssen. Eine gute Schule. In der 1. Amateurliga mit den Sportfreunden, erinnert er sich mit leuchtenden Augen (als er hört, dass Gambrinus aus Schorndorf käme), habe er in einem Match gegen den damalige VfL Schorndorf „gleich drei Mal gegen den recht starken Verteidiger Richard Wolf getroffen…“, da habe eben alles gepasst. Fast 1000 Zuschauer folgten der Partie. Und noch heute bei zufälligen Treffen mit Ex-Gegner Wolf (der später die Viktoria Backnang trainierte), meint dieser, Musta, hast Du mir das damals antun müssen, und, werde ich dich denn nie los?, dann lachen beide.
Ja, zwischen 1971 und 1979 erzielte Mustapic für die Sportfreunde viele Treffer. Ein Reporter verglich Mustapic auch mit Gerd Müller, dem „Bomber“. Warum genau? Musta dazu: „Es waren wohl die Bewegunsgabläufe, meine schnellen Drehungen, und die Abstauber…“, und auf wieviele Tore er denn gekommen sei, möchten wir wissen. Das sei schwer zu sagen, denn Musta habe nie Buch geführt, aber den gesammelten Zeitungsartikeln nach, waren es einige. Musta sagt aber auch selbstkritisch: „Ich war nie der starke Läufer, eher ein Sechzehnmeter-Raum-Stürmer, meine Kameraden liefen echt mehr. Und dann, nun ja, mein rechtes Knie machte leider zu oft Probleme.“ Was genau es war, weiß Musta auch nicht. Es sei instabil gewesen, und auch langwierige Behandlungen halfen letztendlich nicht. Er verpasste auch viele Spiele, aber wenn er zurückkam, dann „traf ich meistens auch mit dem Willen, dem Team zu helfen.“ Noch heute sei er den Sportfreunden und alles Trainern und Teamkameraden von einst „sehr dankbar“, dass sie immer zu ihm gehalten hätten. Mit den ehemaligen Kollegen und den Ehefrauen treffen sie sich noch heute. Ohne seine Frau Ruth, „wäre ich sicher nicht so erfolgreich gewesen, weder im Fußball, noch im Beruf.“
Der Mannschaft von damals, attestiert Mustapic folgendes: „Es waren charakterstarke Typen im Team. Sie kritisierten stets konstruktiv, ich konnte viel von ihnen lernen. Und Neid kannte man untereinander auch nicht.“ Vom Mitspieler Keller schwärmt Mustapic noch heute: „Keller war unser echter Stratege, so wie er spielte, und das Spiel lesen konnte…“, Uli Runde wiederum, ein anderer, sei ein ganz feiner Spieler gewesen, der auch mit allen gut umgehen konnte und immer ein sehr guter Spielführer war. Noch heute treffen sich die alten Haudegen.
Dass Zdravko Mustapic im Raum Schwäbisch Hall auch Erfolge als Trainer feierte, darunter Aufstiege und Meisterschaften mit, unter anderem, dem TSV Hessental, danach auch noch fünfeinhalb Jahre in Michelbach, sowie Pokalerfolge mit den A-Junioren der Sportfreunde, habe sich überall herumgesprochen. Das wäre nochmals eine separate Geschichte wert. Aber, wie erkläre sich Musta auch den Erfolg als Trainer in der Region? Musta lächelt verschmitzt: „Nun, ich denke mal, dass ich den Fußball und worauf es ankommt, gut vermitteln konnte. Motivation und Wille, ist oft mehr Wert, als bloßes Talent.“ Und, fügt er hinzu, „Ich habe immer gewusst, bis zur welchen Liga, mein Aufwand und Ertrag, angemessen war…“.
 
Gambrinus