Topteam als Gegner? Kein Problem
Die Sportfreunde Schwäbisch Hall liefern eine ihrer bislang besten Saisonleistungen ab und schlagen Türkspor Neckarsulm 4:1. Die Haller kontern par excellence.
Von Viktor Taschner
ndlich mal wieder strahlende Gesichter im Optima-Sportpark. „Bei unserem letzten Heimsieg am 18. Novemver gegen Ehingen-Süd hatten wir noch alle Winterjacken an“, lässt Stadionsprecher Sven Koss-Fischer bei der Pressekonferenz Revue passieren. Und die Sportfreunde holen sich den langersehnten Heimdreier bei der ungewöhnlichsten Gelegenheit, nämlich gegen das Topteam von Türkspor Neckarsulm, welches um den Aufstieg kämpft.
Aber so ungewöhnlich ist es auf den zweiten Blick doch wieder nicht, bedenkt man die bisherigen Haller Auftritte im Optima-Sportpark. Gegen defensiv eingestellte Gegner tun sich die Sportfreunde schwer, sich Chancen zu erspielen, weil ihnen die spielerische Leichtigkeit fehlt, einen kompakten Defensivblock zu überwinden. Haben die Haller aber Platz zum Kontern, weil sie selbst aus der Kompaktheit heraus agieren können, fällt es ihnen leichter, gefährlich zu werden. Dem Verfasser dieser Zeilen ist nicht bekannt, ob Hall einen Antrag stellen möchten, nur noch gegen die Spitzenmannschaften zuhause anzutreten, aber die Bilanz würde diese nicht ernst gemeinte Variante unterstützen: 4:2-Heimsieg gegen den Tabellenführer Fellbach, 4:3-Heimsieg gegen den Tabellenzweiten Calcio Leinfelden-Echterdingen und eben jenes 4:1 gegen den Dritten aus Neckarsulm.
Es freut mich für das Team und unsere Zuschauer, dass wir einen Sieg einfahren konnten.
Thorsten Schift
Trainer Sportfreunde Schwäbisch Hall
Und alle drei angesprochenen Partien sind auch nach demselben Muster abgelaufen. Auch diesmal durften die favorisierten Gäste vor gut 500 Zuschauern auf der Auwiese mehr Ballbesitz haben. Türkspor versucht auch, den Ball schnell in den eigenen Reihen zirkulieren zu lassen, immer wieder wird auch auf engstem Raum der Doppelpass gesucht. Allerdings verteidigen die Haller aufmerksam. „Wir haben in unserem letzten Drittel nicht viel zugelassen“, beschreibt Sportfreunde-Trainer Thorsten Schift. Die Neckarsulmer schießen öfters aus der zweiten Reihe, aber unpräzise. Auch die zahlreichen Flanken und Ecken führen nicht zum Erfolg. „Mir hat bei uns die Cleverness und die Gier im Strafraum gefehlt“, gibt Gäste-Coach Tufan Tok nach der Partie zu Protokoll.
Viel zielstrebiger gehen da die Haller Angreifer vor. Bereits nach neun Minuten vollendet Benjamin Kurz den ersten von vielen guten Angriffen der Haller zur frühen Führung. In der 24. Minute hätte es schon 2:0 stehen können, als Selcuk Vural Türkspor-Keeper Tim Stelzl umspielt, aber dann aus spitzem Winkel nur den Außenpfosten trifft. Vier Minuten danach packt Ali Gökdemir aus gut und gerne 30 Metern den Hammer aus, aber Stelzl lenkt den Gewaltschuss mit einer Glanzparade noch zur Ecke.
Vural blüht auf
Die Tormusik erklingt aber dennoch ein zweites Mal vor der Pause. Benjamin Kurz zieht Richtung gegnerisches Tor und legt dann mit dem Absatz für Selcuk Vural auf, der den Ball trocken unter die Latte setzt. Es ist Vurals erster Saisontreffer – am 22. Spieltag. Lange war der Flügelstürmer ein Schatten seiner Selbst, aber am vergangenen Samstag liefert der 24-Jährige ein starkes Spiel ab.
Und auch im zweiten Durchgang lassen die Haller nicht nach. Lehrbuchhaft und symptomatisch für das ganze Spiel entsteht das 3:0. Niklas Wackler passt den Ball über 30 Meter mit dem Vollspann auf die linke Seite, wo Günter Schmidt viel Platz hat. Er bedient Benjamin Kurz in der Mitte, der cool bleibt und den nächsten Haller Treffer markiert (54.).
Fahne bleibt unten
Auch ein Unterschied an diesem Tag zu vielen anderen Heimspielen: die Sportfreunde sind trotz eines Gegentreffers nicht verunsichert. Türkspor bringt einen ihrer vielen Kombinationen mal durch, weil der eingewechselte Amin Yazji in der 58. Minute den Ball schön in die Mitte chipt und Mittelstürmer Shkemb Miftari sich mal gegen die zweikampfstarken Sportfreunde-Verteidiger durchsetzen kann. Aber die hohe letzte Abwehrreihe der Gäste bleibt ein Vabanquespiel – und das Risiko zahlt sich diesmal nicht aus. Niklas Wackler schickt in der 68. Minute Günter Schmidt auf die Reise, der an der Abseitslinie lauert. Die Fahne des Schiedsrichter-Assistenten bleibt unten und Schmidt umkurvt Tim Stelzl, um den Ball ins leere Tor zu schieben. Spätestens da ist der Deckel für die Sportfreunde drauf und der offiziell erste Rückrundensieg eingetütet. Der Erfolg in Dorfmerkingen am 27. März war ja ein Nachholspiel noch aus der Vorrunde.
Jetzt geht es nach Maichingen
„Es war eine der besten Saisonleistungen heute. Vor allem freut es mich für das Team und auch unsere Zuschauer, dass wir mal wieder daheim einen Sieg einfahren konnten“, sagt ein erleichterter Thorsten Schift. „Aber jetzt gilt es, nicht nachzulassen.“ Denn die Verbandsliga bleibt ein großes Minenfeld. Bei vier direkten Absteigern haben die Haller sieben Punkte Vorsprung, obwohl sie auf Rang 6 der Tabelle stehen. Möglicherweise müssen aber fünf Teams direkt runter in die Landesliga, dann wären es sogar nur fünf Zähler.
Insofern kommt der nächsten Aufgabe eine große Bedeutung zu. Die Haller fahren am Sonntag zum GSV Maichingen. Der Aufsteiger rangiert auf einem der Abstiegsplätze. Sollten die Sportfreunde dort einen Auswärtsdreier folgen lassen, könnten sie viel zur Nervenberuhigung im eigenen Lager beitragen.